Das Wiedersehen mit Klaus war eine große Freude. Zum Eingehen quasi ist mir Klaus ein Stück entgegen gewalkt, ohne Rucksack natürlich. Ich ungewöhnlich im roten TShirt sind wir tatsächlich noch fast aneinander vorbei gelaufen. Am Campingplatz dann die Wäsche in die Waschmaschine und auf eine Pizza und Bier gegangen. Als wir zurück kommen, war klar, dass die Wäsche bis Morgen 6 nicht trocken wird. Kein Wind.
Wir starten dennoch um 6, ein langer und heißer Tag nach Sansepolcro oder darüber hinaus steht an. Nach dem lt. Pilgerführer einzigem längeren Anstieg des Tages machen wir eine Pause. Die Wäsche nicht eingepackt, sondern oben eingezwickt, kann trocknen. Danach ist auch der Rucksack wieder leichter. Über den Monte Fugaia, wo wir bei einem Feuerbeobachtungsturm Pause machen in das Tibertal zum Stausee. Wir ergänzen uns gut. Klaus fordertert Disziplin, definiert Ziele und fordert sie ein, ich fordere Pausen, mahne zum Trinken und helfe mit meiner Erfahrung auf dem Weg bis hierher. Wegen des im Führer beschriebenen schönen Rastplatz halten wir uns an den Track und marschieren in der Hitze auf Asphalt rund um den See. Der Rastplatz ist nicht so schön, nach der Pause gehen wir weiter. Und das zieht sich. Zuerst noch auf Asphalt an der Stauseestraße, danach an Tabakfeldern vorbei auf staubigen Schotterstraßen. Es ist richtig heiß. Kurz vor Sansepolcro stehen wieder 2 Pilgerinnen aus Peuerbach vor uns, die wir vor dem Stausee überholt haben. Sie haben sich den Umweg erspart. Mich zwickt es eigentlich den ganzen Tag, Klaus findet einen guten Einstieg in den Camino. Sansepolcro ist schön und wir bleiben, finden Quartier im Konvent und haben ein Zimmer für uns. Samstag Abend ist eine super Stimmung und wir Essen sehr gut in einem vor allem von jungen Menschen besuchten Lokal.
Am Sonntag starten wir früh, wir lassen den 460 Hm steilen Anstieg zum Eremo Montecasale aus, Sonntag ist kein Verkehr auf der Landstraße und wir fegen bis 10 Uhr quasi im Windschattengehen nach Citta di Castello. Als Desselbrunner hat Klaus ja mit Geraden kein Problem. Nach einer Pause mit Prozession und Flohmarkt geht es weiter nach Pietralunga. Wir haben Spass am Gehen, wollen auch an einem schönen Platz am Bach mit Bar und Badeplatz nicht bleiben. Der steile Anstieg macht uns nix, zuerst, der zieht sich dann aber endlos. Am Gipfel machen wir dann lange Pause, sehr gemütlich, wir besprechen, wie wir das leer stehende Gebäude, bei dem wir jausnen, zum Pilgerzentrum umbauen ;). Der Abstieg nach Pietrilunga zieht sich auch und der Anstieg hinauf zum Ort wird bewältigt. Als wir oben am Platz spät ankommen, sind italienische und österreichische Pilger dort. Wir sind die Helden des Tages, Sansepolcro – Pietralunga an einem Tag, nicht schlecht. Die Pilger berichten vom extrem unangenehmen Aufstieg zum Eremo Montecasale der letztendlich wieder zurück an den Ortsrand von Sansepolcro führt. So als ob man in Attnang von der Kirche zum Spitzberg aufsteigt und dann zum Bahnhof runter geht. Nur halt 500 Hm steil bergauf. Unterkunft in einem modernen, sauberen Albergo und gutes italienisches Essen. Ein guter Tag.
Es ist Montag, am Weg nach Gubbio bleiben wir am Pfad. Wasser haben wir ausreichend mit, die Abgeschiedenheit der Wälder gefällt uns. Nicht aber Gubbio, eine schöne Stadt mit Geschichte, aber irgendwie keine Austrahlung, kein zentraler Platz, irgendwie nix los.Wir machen nur kurz Pause und ziehen weiter, das im Führer erwähnte Agricultura wird angepeilt. Also wieder kein kurzer Tag, nach Gubbio waren es ja nur 27 Km. Nach einem „erfrischendem“ Anstieg erreichen wir das Agricultura, vor dem Abendessen bleibt noch Zeit für einen Sprung in den Pool, die Drohne steigt auf. Beim Abendessen erzählt ein deutsches Pilgerpaar vom Anstieg zum Eremo. Wir grinsen dankbar.
Der nächste Tag beginnt vom Weg sehr schön, ich habe aber Probleme. Eine zuvor ignorierte lockere kleine Schraube in meinem System hat beim Sprint am Vortag einen Riss bekommen. Klaus behandelt den Riss mit ein paar geübten Handgriffen und es geht halbwegs gut weiter, der schöne Weg hilft. Der Abstieg Richtung Valfabrica ist kein Abstieg, auf Pfaden geht es auch immer wieder steil bergauf bis zu einem Stausee. Es ist heiß und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir heute noch nach Assisi weitergehen. Am Platz in Valfabrica kommen die Pilger zusammen. Alle berichten das Selbe, vom schönen Weg oben, den 4 freilaufenden Hunden bei einem Gehöft, dem harten Abstieg und dem Stausee, der wohl nie Wasser haben wird, an dem aber fleissig gearbeitet wird. Als wir zuvor bei den 4 Hunden, 3 weiße große und ein grau-weißer, offensichtlich der Dienstälteste, der die Pilger knurrend verfolgt, vorbeigehen und der Hund keine Ruhe gibt, drehe ich mich kurz um ohne die Stöcke zu Heben. Der böse Wolf zieht sofort ab. Hat am Hof wohl schon viele Schläge bekommen, der Arme. Nach der Pause am Platz finde auch ich wieder Mut für den Weg nach Assisi, die anderen Pilger bleiben im Ort, der nix besonderes hat. Der Weg nach Assisi fällt mir sehr leicht, ich habe seit Ohlsdorf doch schon gut Kondition aufgebaut, zudem steigt mit jedem Km, der uns dem Ziel näher bringt, die Euphorie in meinem Körper. Assisi wirkt ovviamente. Wie Klaus meine emotionalen Sprünge miterlebt, überglückliches Lachen gefolgt von Weinausbrüchen, kann er euch ja erzählen.
Franziskus‘ Festung wirkt von weitem. Wir bleiben am Track und steigen auf, doch die Burg ist um 9 Uhr abends uneinnehmbar, also das Besucherzentrum geschlossen. Genervt umrunden wir die Burg und ich geh wieder rauf zum Kloster. Wir verlieren uns und Klaus‘ Telefon hat keinen Akku mehr, hatten wir vergessen das Ding mit meinem Akkupack aufzuladen. Erleuchtet, also beleuchtet wirkt der Ort, eine unheimliche Kraft durchdringt den Körper. Ich finde Unterkunft im Pilgerführer erwähnten „Casa del pace“, ein günstiges youth hostel, aber ein eigenes Zimmer und gehe noch Essen. Steak ist genau das richtige nach einem langen Tag. Und mezzo litro vino.
Zuvor hatten wir besprochen, ab Assisi wieder getrennte Wege zu gehen, ich vor der letzten Phase meiner Reise, Klaus in der Mitte seines Weges, dennoch ein komisches Gefühl. Wir sind nicht am Jakobsweg, werden uns wohl erst in der Heimat wieder begegnen. Denk ich mir.
Über den Franziskusweg, bei der Planung der Reise als Höhepunkt der „la route“ angedacht, sind wir quasi in 3 Tagen hinweggefegt. Incredibile! Phase 5 ist beendet!
Sono arrivato a Roma! Ieri!
Ultreia! Walk on!
Raphael
Dieser Blog hat keine Phase 4, aus dem selben Grund, warum die Hochhäuser in China keinen 4ten Stock haben. Der „Via di Roma“, Phase 6 kommt leider erst später.