Das war eine wirklich schöne Bergtour von Ohlsdorf nach Sillian.
Jedem Pilgerweg sein Straßenstück. Bei der „la route“ wird es die Bundestraße in’s Großarltal sein, bei der die Reiseführer später erzählen werden, dass man sich doch besser für die 5 Km, auf denen auf dieser Straße kein Gehsteig ist, ein Taxi bestellen soll.
In Kenntnis des Straßenverlaufs wollte mich auch mein Onkel und Familie davon abbringen, dieses Teilstück zu Gehen und bot mir an, mich in’s Großarltal zur bringen. Egal um welche Uhrzeit…
Tatsächlich brach ich am Fronleichnam Donnerstag erst um 9 Uhr aus St. Johann auf, und war sehr froh den Großteil der Strecke im Schatten gehen zu können. Viel Verkehr war nicht, Motorradfahrer hörte man schon von weitem und neben der Straße war immer noch genug Platz um tieffliegenden Helmen auszuweichen. Die Blicke der Rennradfahrer verunsicherten mich auch nicht, vielmehr fühlte ich mich sicherer als sie. In guter Zeit erreichte ich das Großarltal und kehrte in das Edelweiss zum Mittagessen ein. Im Edelweiss hatte ich 2001 mein erstes Qigongseminar bei Hans Tautermann gemacht, das erste seit Beginn mit Qigong 1996. Das war auch der Türöffner zur Qigonggesellschaft und zur Qigong Lehrerausbildung.
Mit einem Zwiebelrostbraten im Gepäck war der Weg durch das Tal bei großer Hitze sehr anstrengend, die Vollkommenheit der Landschaft und das Wissen über den Verlauf des zu erwartete den Weges erleichterte den Marsch. An ein Mittagsschläfchen mit Bachrauschen, viele schattige Plätze luden dazu ein, war am Anfang der Tour nicht zu denken.
Der Aufstieg zur Harbach Alm war eine bekannte Aufgabe, die Alm im „Salzburger Almsommer“ dabei, das Konzept aber nicht umgesetzt, also geschlossen, die Almen sonst gut besetzt mit bundesdeutschen Praktikantinnen, „Ich bin erst seit Montag hier…“, aber kein Netz innerhalb von 30 min Abstieg oder 60 min Aufstieg, nicht mein Praktikumsplatz… Die 2te Nacht im Zelt, das eigentlich für einen etwaigen Pilgerwahnsinn und überfüllten Herbergen in Italien gedacht war, auf 1600 M Höhe. Brr… ohne Lagerfeuer. Aber Trinkwasserbrunnen für Tee und die Dusche am Morgen. Brr, Brr…
Ich schaffte es noch zur oberen Toferer Alm, dann kam ein kurzer Schütter. Mehr oder weniger begleitete mich danach nur leichter Regen über die Poiser Höhe nach Gastein. Peter von der Höhe erklärte mir nicht nur den letzten Supermarkt, sondern bestätigte mir auch, dass ich im Valeriehaus in Sportgastein Platz finden werde, Otto ist ein cooler Bursch und schöne Grüße.
Stempel aus Gastein habe ich keinen, habe an der Supermarktkasse nicht gefragt. Aber den von der Valeriealm, der ist auch wichtig. Hinfahren im Sommer und ansehen. Ruhe 4.0.
Der Aufstieg nach Sportgastein aus meiner Kindheit nicht mehr so recht in Erinnerung, am Ende des Tages benötigte ich deutlich länger als angegeben. Nach 19:00 In Sportgastein, Valeriehaus zu, suche nach einem windschattigem Platz für das Zelt mit beruhigendem Blick auf den Gastein Einkauf. Zum Glück habe ich Otto angerufen, der ist gekommen, hat mir sein Haus erklärt und die Nacht gerettet. Mit weiteren Gästen, tatsächlich nach mir angereist, aber mit dem Auto, haben wir dann noch ein bisschen geplaudert und eben keinen Blog geschrieben und Fotos sortiert.
Die Eier und Schinken wurden selbst gebraten, daher Aufbruch zum Tauernhaus, Hagener Hütte, kurz nach 6 Uhr. Um den Energien des Himmels Verhandlungsbereitschaft zu signalisieren, zog ich noch in der Alm den Regenschutz über den Rucksack. Nach dem Motto, schau nach vorne ins Licht und nicht zurüc zu den Wolken, mache ich das sonst nicht. Und um den bereits in der Früh auf der Alm anwesenden Einheimischen zu signalisieren, ich wisse was ich tue, startete ich mit dicker Jacke, Haube und Handschuhe. Der gut begehbare Steig führte mich beharrlich aber langsam nach oben, teilweise sogar bei Sonnenschein, Jacke, Haube und Handschuhe behielt ich bis oben an. Am Gipfel erreichte mich kurz vor der Hütte der tobende Windsturm, der am Samstag über Österreich fegte. Gebückt erreichte ich die Hagener Hütte, mit einem Gefühl der Unbesiegbarkeit und der Sicherheit, dass mich jetzt nichts mehr stoppen kann.
Und dann begannen die Probleme. Die Sprachprobleme! Jeweils bei meinen ersten Sätzen im tadelloser oberösterreichischer Kernraumumgangssprache starrten mich die Kärntner an, wie Chinesen, denen ich gerade erklärt habe, dass ich in Nang Pu aufgewachsen bin. Noch schwieriger war für die Kärtner zu verstehen, dass jemand, der nach Italien will, das Mölltal hinauf wandert („…des gonsze Dol aofi…“). Gleichzeitig machte mir der Abstieg über endlose Serpentinen klar, dass ich Möll- und Drautal nicht In einer Nachtwanderung bewältigen werde und daher „Urlaub in meiner Kindheit“ machen muss, obwohl ich die gerade durchwandert bin. Und es war schön. Mallnitz gleich nördlich umgehend zuerst am Alpen Adria Trail, am Talhang entlang, auf und ab, Erinnerungen an das Gundbranstal in Norwegen, aber halt doch am Talboden und die Anstiege zwar steil aber kurz. Zudem entgegen der Richtung, viele Wanderer am trail kamen mir entgegen, entsprechend schwer ist es im Tal eine Unterkunft zu finden. Bis nach Flattach, dort am nächsten Morgen gewechselt auf den Mölltalradweg, ein kurvenreiches Asphaltband entlang der Möll. Mehr als das Großarltal laden Möll- und Drautal für einen Ruhetag ein, gerade wenn man ein Zelt dabei hat. Aber das System ist noch nicht bereit, der Plan macht den Weg.
Und der ist gefährlich auf Kärntner Radwegen. Rennradfahrer gehören auf die Straße, nicht auf den Radweg, dort dürfen sie sogar nebeneinanderfahren, also nicht zum Austausch von Trainingsplänen, aber zum Wechsel der Führung beim Windschattenfahren. Gegenüber einen ums Eck kurvenden durchschnittlichen 75 Kg Rennradfahrer mit einem 9 Kg Fahrad, bin ich mit meinen ca. 110 Kg Gesamtgewicht zum Glück ein Ernst zu nehmendes Hinderniss. Akrobatischer beim Ausweichen von Wanderern sind da schon die Jugendlichen mit den Mopeds auf dem Weg zum Badeplatz. Und den Walking Stil umgestellt. Nach dem Motto, „Wer es eilig hat, gehe langsam“. Das Tempo deutlich reduziert als noch am Tag davor vom Tauern runter. Meine seit einer Woche dauerübersäuerten Muskeln dankten es mir. Nasenatmung, Xi Xi Ho, Xi Xi Ho, Xi Xi Ho…
Lienz galt es zu erreichen. Ingrid ist Sonntag Abend nach Lienz angereist, einen Tag früher als geplant. Gemeinsam werden wir durch die Dolomiten gehen. Meinen Rucksack haben wir noch am Abend in das Auto gepackt (kennt ihr die Szene am Beginn von „wild“?), und so konnte ich heute früh ohne Rucksack meinen Walk nach Sillian starten. Die 31 Km Xi Xi Ho Gehen mit Nasenatmung waren wirklich lustig. Um 7 gestartet erreichte ich um 14:00 Uhr Sillian. Das sich von Sillian 600 Hm nach unten schlängelnde 2,5 M breite Asphaptband ist eine Sommerradlbahn für vorwiegend italienische Touristen. Für mich schnell erkennbare Zeichen des Weges, angestrengte Italiener, Hurra es geht bergab, lachende Italiener, ok, es geht bergauf, erschreckte Italiener, Mist, es geht steil bergauf. Immerhin ca. 20 Menschen nahmen den Weg nach oben in Angriff, einer ist gegangen. Beruhigend waren Hinweisschilder des Tiroler Jakobsweges, der auch auf einem Teil dieser Strecke verläuft, dann aber zu einer hoch am Berg liegenden Kirche abweicht. Entgegen der Berichte über die Zustände im Lienzer Krankenhaus kam es während meines walks zu keinen kritischen Momenten am Drautalradweg.
Heute geht es nach Italien!
Ultreia! Walk on! Raphael